ALTE MÜNZE, 29.11. - 08.12.2019
Was ist die Stadt als (politisches) Gesamtkunstwerk für dich?
Auch dieses Jahr haben wir den Stadtraum als Lernmöglichkeit genutzt und ihn spielerisch zu einer Plattform für temporäre, künstlerische Interventionen verwandelt. Schwerpunkt der Edition 2019 ist das Bauhaus, das dieses Jahr Jubiläum feierte. Dabei erkundigen die Projekte nicht unbedingt den bauhäuslichen Stil, sondern thematisieren vielmehr das Konzept des Gesamtkunstwerks und übertragen es auf die Stadt: die Stadt als (politisches) Gesamtkunstwerk. Auch der demokratische und experimentelle Charakter des Bauhauses begleitet uns bei der Frage: wie können wir Kinder und Jugendliche den Alltag bzw. das Leben in der Stadt experimentell neudenken?
Anhand der künstlerischen Auseinandersetzung mit folgenden Orten in Berlin Mitte gestalten die Schüler*innen gemeinsam mit den eingeladenen Künstler*innen fünf Projekte: dem Kaufhaus Alexa und dem Haus der Statistik, beide am Alexanderplatz, und dem Holzmarkt am Spreeufer. Die Ortswahl verkörpert unterschiedliche, widersprüchliche Visionen der Stadtentwicklung: das Alexa, eine der ersten großen Shopping Malls der Stadt entstand aus der Idee des Millenniums, Berlin so kosmopolitisch wie möglich zu gestalten. Das Verständnis von kosmopolitisch wurde dabei relativ einseitig interpretiert, nämlich als wiedererkennbare Orte, die in jeder Großstadt vertreten sind. Den Holzmarkt kann man sich ohne die Berliner Klubszene der 90’er Jahre kaum vorstellen. Er ist die Verkörperung einer alternativen, fast märchenhaften Idee von Stadt, in der Kreativität, Arbeit und Party zusammenkommen. Das Haus der Statistik stellt eine Vision der Stadtentwicklung dar, in der neben Kultur und Kreativität auch soziales Engagement und Bürger*innenbeteiligung eine große Rolle spielen. Die Ideen, die zu diesen Orten entwickelt werden, erzählen davon, was Innovation im städtischen Raum alles bedeuten könnte. Eine spannende Komponente Berlins als dynamische Stadt ist, dass diese Stadt ein Spannungsfeld ist, in dem verschiedenste Interessen kollidieren und verhandelt werden. Wir hoffen, dass die Stadt bunt und engagiert bleibt!
...mehr zu den Orten von Er(be)leben 2019 findet ihr hier:
Dokumentation: Yannick Spiess
Bilder: Lorène B. Goesele und Yannick Spiess
Im Dezember 2019 werden die Kunstprojekte in der Alten Münze ausgestellt. Dort findet für jede Klasse eine Gesprächsrunde mit Judith Feige (Mitarbeiterin des deutschen Instituts für Menschenrechte) statt, in der die Schüler*innen den Alltag bzw. das Leben in der Stadt an ihre Bedürfnisse angepasst neu erfinden. Als Diskussionsgrundlage werden dabei die Erkenntnisse und Ideen, die im Laufe der Projekte entstehen, von den Schüler*innen eingebracht und direkt auf einem für diesen Zweck entworfenen Möbelstück kartiert. Die Elemente, die dieser Mappingtisch dafür anbietet, sind Skizzen der Schüler*innen, die im Rahmen der Projekte entstanden sind und als Karten im Mosaikformat vervielfältigt wurden, Bauklötze zum Nachbilden der Stadtkörper und eine Schiefertafelunterlage zum Aufzeichnen der Gesprächsinhalte und Kartografien. Alle Elemente können bemalt werden. Die Ideen und Wünsche, die während des Gesprächs angesprochen werden, geben Impulse für die Themenfindung der nächsten Edition, Er(be)leben 2020.
Bilder von Valeria Schwarz
Zusammenfassung des abschließenden Workshops mit den teilnehmenden jungen Menschen:
Unter der Fragestellung „Unsere Zukunftsaussichten“ haben die jungen Menschen überlegt, welche Hoffnungen und Befürchtungen sie für ihre Zukunft in Berlin sehen. Dabei wurden Umweltfragen angesprochen, nach Bedürfnissen gefragt, lokale Entwicklungen reflektiert und besprochen, inwieweit diese von den jungen Menschen selbst mitbestimmt werden können.
Die Diskussion wurde durch verschiedene kreative Materialien unterstützt. Teilweise sind Zeichnungen, Schriftstücke oder Bauten mit Holzklötzen entstanden.
Im Rahmen von Er(be)leben fordern junge Menschen für den Berliner Raum mit großer Übereinstimmung, wie bereits im letzten Jahr, mehr Respekt und Freundlichkeit unter den Menschen, mehr Respekt und Unterstützung für Obdachlose sowie eine saubere und müllfreie Stadt. Ein besonders wichtiges Thema war die Natur und der Erhalt der Natur sowie die architektonische Gestaltung der Stadt. Wünschenswert wäre für einige Schüler*innen eine stärkere Kombination aus moderner Architektur und historischen Gebäuden, vor allem wünschen sich einige eine moderne Architektur für Schulgebäude. Diese sollen unter anderem heller werden, mit größeren Fenstern ausgestaltet sein. Auch die politische Zukunft der Stadt war Thema und hier die Sorge vor zunehmenden rechten Tendenzen in Politik und Gesellschaft. So entwickelte eine Gruppe von Schüler*innen beispielsweise eine neue U-Bahn-Linie mit dem Namen „Knax“, in Anlehnung an ein deutsches Schimpfwort für Menschen mit Migrationsgeschichte.
Außerdem erhielten die jungen Menschen einen Evaluationsbogen, um die Arbeit in den einzelnen Projekten (Alex, Haus der Statistik, Holzmarkt) an dem sie mitgewirkt haben zu evaluieren. Dabei wurden an die jungen Menschen drei Fragen gestellt:
Was war neu für mich?
Das hat mich zum Nachdenken gebracht…
Diese Frage(n) habe ich noch…
Herzlichen Dank an alle Beteiligten und dem Bezirksamt Mitte für die Förderung des Projekts.
Januar 2020, Judith Feige
Bilder: Lorène B. Goesele und Valeria Schwarz
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