Bei Urbane Künste ERbeLEBEN beschäftigen sich die Schüler*innen mit einer Vielzahl von Orten in ihrem städtischen Umfeld. Der Fokus liegt dabei in Berlin Mitte, im Viertel rund um den Alexanderplatz. Je nach Projekt und Jahresthema können die Orte einfache Straßen oder Plätze rund um die Schule sein, Nachbarschaftsinitiativen oder Plätze die durch eine besondere Nutzung hervorstechen. Natürlich stehen häufig auch emblematische Gebäude und Orte im Fokus – so zum Beispiel die Ruine des Franziskanerkloster und der Bärenzwinger, die heute als Ausstellungsorte genutzt werden und mit denen Urbane Künste ERbeLEBEN kooperiert.
Hier sind einige der Orte, mit denen die Schüler*innen sich schon beschäftigten:
Ob das Alexa wohl als Gedenken an die Hökerinnen Berlins eine Namensabwandlung des Alex bekommen hat? Bis zum Bau des 2,5 Hektar großen Kaufhauses befand sich hier erst ein Polizeipräsidium, das anschließend durch eine Parkplatzfläche ersetzt wurde. Die Planung des Giganten in einer Interpretation des Jugendstils war Teil der Umgestaltung und Neustrukturierung des Alex und Umfeld des städtebaulichen Leitbilds „Planwerk Innenstadt“. Bei der Eröffnung am 1. Mai 2007 rannten hier so viele einkaufsfreudige Besucher*innen die Türen ein, dass ein Sachschaden von über 10.00€ entstand...auch die sanft rosa Rundbögen, der bunte Boden und Eiscreme mit Streusel und Sahne konnten die Konsumfreude nicht besänftigen. Monatlich wird es inzwischen von ungefähr 1,1 Millionen Besucher*innen frequentiert. Die Schüler*innen beschäftigten sich in verschiedenen Projekten mit der urbanistischen Bedeutung des Alexa und von Shopping Malls im Allgemeinen.
2018, im ersten Jahr des Programms, hat Er(be)leben hier ein Kunstprojekt über Konflikt gestaltet. Der „Alex“ ist ein kultureller Schmelztiegel, der zwar Konflikte verursacht, aber auch die Vielfalt einer europäischen Stadt spiegelt. Er erinnert auch an die Macht der Bürger*Innen, die dort am 4. November 1989 gegen die damalige DDR Regierung demonstrierten. Die Wechselwirkung zwischen einem Menschen als Individuum und seinem/ihrem Einfluss auf die Gesellschaft wird hier zum Schwerpunkt.
Mitte ist nicht nur Zentrum von Berlin, hier schlug auch die Geburtsstunde der Stadt: Am Ufer der Spree begann alles irgendwann im 13. Jahrhundert mit einer kleinen Siedlung. Das rekonstruierte Nikolaiviertel erzählt heute noch von der Berliner Vergangenheit. In den Zeiten der deutschen Teilung und aufgrund der enormen Kriegsschäden ist im Planungsraum Alexanderplatzviertel das Zentrum der Hauptstadt der ehemaligen DDR entstanden. Zeichen und sichtbarer Ausdruck dieser Zeit ist bis heute der Fernsehturm. Nirgendwo sonst spiegelt sich die offene Weltstadt Berlin ebenso eindrücklich wie ihre bewegte Geschichte wie in Mitte: Wo einst die preußischen Könige herrschten, ist im Herzen von Mitte ein neues Forum für Kunst, Kultur und Wissenschaft entstanden. In einem Viertel mit so viel Geschichte fragen wir uns: Ist Mitte bewusst genug, um das Smart Cities Konzept mit seinem Leitbild effizienterer, nachhaltigerer und sozial inklusiver Städte der Zukunft zu integrieren? Wir werden analysieren wie Mitte klingt und Haltung in Bezug auf die Lärmverschmutzung unter den Schülerinnen und Schülern entwickeln. Seine jetzigen und zukünftigen Bewohner*innen.
Wusstet ihr, dass in dieser Ruine zwischen 1574 bis zur Zerstörung 1945 eine der führenden Bildungseinrichtungen Berlins, das Gymnasium zum Grauen Kloster, war? 2018 hat Er(be)leben bei der Klosterruine ein Projekt über Innovation gestaltet. Eine Ruine, die zum Baudenkmal geworden ist, steht für den ständigen Wandel der Geschichte; sie erinnert uns an die Vergänglichkeit und die ständige Weiterentwicklung der Stadt.
Der Hauptbahnhof ist ein relatives neues Element in der Berliner Geschichte: 2006 wurde er eröffnet. Er ist derzeit der größte Hauptbahnhof in Europa. Der alte Bahnhof, nur wenige Meter vom jetzigen entfernt, ist inzwischen ein Museum für zeitgenössische Kunst “Hamburger Bahnhof”.
So viel leerer Raum (45.000 Quadratmeter!!) und ein abenteuerlicher Garten im Innenhof, mitten im Herzen der Stadt! Während der DDR wurden hier, in der Staatlichen Zentralverwaltung der Statistik (SZS), verschiedenste Daten gesammelt, die dann in Statistiken eingespeist wurden, durch deren Auswertung politische Entscheidungen beeinflusst wurden. Nach der Wiedervereinigung zogen dann die Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Sicherheitsdienstes ein, die bis 2008 dort blieben. Eigentlich hätte das Gebäude 2015 abgerissen werden sollen, nachdem es seitdem leerstand. Doch eine Gruppe engagierter Künstler*innen, Architekt*innen und Politiker*innen konnten das zum Glück verhindern. Denn schließlich bietet die modulare Grundstruktur des stillen Riesen eine schon vorhandene Konstruktion, die flexibel umgenutzt werden kann. Seit 2018 beleben die Visionäre der Initiative das Erdgeschoss und planen zusammen mit Koop5 und allen Interessierten, wie das Gebäude in Zukunft belebt werden wird: wohnen, Politik und Kunst machen, spielen und lernen, essen, arbeiten...und das alles im Sinne einer partizipativen Stadtentwicklung und des Gemeinwohls.
Zu Beginn des Schuljahres, im August 2019, haben die Schüler*innen des Max-Planck-Gymnasiums einen Ausflug zum Holzmarkt 25 gemacht. Wieso dieser Ort wichtig für die aktuelle Stadtentwicklung ist? Seit 2017 putzt das bunte Kreativdorf einen Teil des Spreeufers als öffentlich zugänglichen Freiraum heraus. Alle Gebäude sind aus dem Baustoff Holz gebaut, passend zur Geschichte des Ortes: 1685 wurde hier ein städtischer Holzplatz angelegt, der bis ins 19. Jahrhundert aktiv war. Wo heute bunte Holzhütten das Ufer fröhlich stimmen, patrouillierten während DDR-Zeiten Grenzsoldaten, denn der Holzmarkt war Teil der Sicherheitszone der an das Areal angrenzenden Mauer. Nach ihrem Fall siedelte sich die Berliner Clubkultur in den brachliegenden Gebäuden an: es wurde getanzt, bis das Informationszeitalter auch hier ankam und der Entwicklungsplan eines der größten Investorenprojekte Berlins, die ‚Mediaspree’ erstellt wurde. In diesen wurde auch die Fläche des Holzmarkt 25 eingebunden- eigentlich sollten hier Bürogebäude gebaut werden und die Uferfläche, wie auch die der angrenzenden Nachbarflächen, privatisiert werden (hier kannst du mehr darüber lesen). Da die Lage hier so heiß begehrt ist, war es nicht nur eine riesige Herausforderung für die Initiatoren, dieses modellhafte Quartiersprojekt zu entwickeln, sondern ebenso schwer, es am Leben zu halten!
2018 hat Er(be)leben hier ein Kunstprojekt über Mobilität gestaltet. Die neue Geschwindigkeit und Maße, die eine industrialisierte Stadt auffordert, äußern sich in der Stadtplanung der Moderne. Diese hat sich umfassend mit der Öffnung neuer Verkehrsanbindungen beschäftigt, um den Transport von Menschen und Güter zu ermöglichen. Aufgrund ihrer Proportionen ist die Karl-Marx Allee, eher zum Radfahren oder allgemeinen Fahren als zum Gehen geeignet. Mit neunzig Metern Durchmesser ist sie breiter als die Champs-Élysées und zählt damit zum letzten großen, europäischen Boulevard. Der Bürger*in steht hier in einer ganz anderen Dimension zum Stadtraum. Die Reflektionen über Bewegung und Maßstäblichkeit haben wir in einer Installation geäußert, die sich progressiv in der Länge der Allee entfaltete.
2018 hat Er(be)leben im Nikolaiviertel ein Projekt über Austausch gestaltet. Dieses mittelalterliche Quartier entstand neben der Handelsstraße, die Berlin und Cölln verbunden hat. Im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört, wurde es 1980–1987 wieder aufgebaut. Wirtschaft ist ein wichtiger Faktor für die Entstehung und Entwicklung der Städte schlechthin. Allerdings ist der Transfer von Waren und Gütern immer von einem Austausch kultureller Praktiken und Wertvorstellungen geprägt.
Kennt ihr die Planschen in Berlin Ost? Das sind große, freie Flächen zwischen der großen Wohnkomplexe, die während der DDR Zeit gebaut wurden. Im Sommer wurden diese betonierten Freiflächen mit Wasser geflutet, die dann wie kleine, flache Seen zwischen den Gebäuden lagen. Einst waren sie Treffpunkt der Nachbarschaft und kühlender Höhepunkt im Sommer, zu einer Zeit als für die Menschen im ehemaligen Ost-Berlin das Reisen durch die Welt oft nur im Kopf möglich war. Seit der Wende liegen sie still und werden im Sommer nicht mehr mehr zur Wasserspielfläche aufgefüllt. Aktuell sind Reisebeschränkungen aufgrund von Corona wieder zurück. In dem halböffentlichen Grün zwischen den Plattenbauten angrenzend an die Schule schlummert eine leere Plansche, die wir dieses Jahr als luftigen Projektort gewählt haben.
Der Rosenthaler Platz ist in der nähe der Schule und spielt eine zentrale Rolle in der Verkehrsanbindung. Wir gehen davon aus, daß alle Schüler_innen schon individuelle Erfahrungen/Gefühle zu dem Ort haben. Der RP ist im eigentlichen Sinne kein Platz sondern ein Transitraum verschiedener Mobilitätskonzepte. Fußgänger, Radfahrer, Autos, Tram, U-Bahn. Es treffen hier fünf Straßen aufeinander. Wir schätzen das allgemeine Verkehrsaufkommen als hoch ein und empfinden die Aufenthaltsqualität als gering ein. Wie könnte die City hier smarter werden?
Die Schillingstraße zwischen Jannowitzbrücke und Karl-Marx-Allee wirkt auf den ersten Blick versteckt und unscheinbar, besticht aber durch eine eigenartige urbane Mischung: möblierte Fußgängerzone, heruntergekommene Konsumtempel, Plattenbauten mit gezirkelten Parkanlagen und am Ende die Protzarchitektur von Café Moskau und Kino International. Hier ist Anspruch und Wirklichkeit des sozialistischen Stadtentwurfs heute noch spürbar, und die Zukunft der Straße ist nach diversen gescheiterten Neuanfängen immer noch offen. Das lässt Raum für eigene Projektionen und Entwürfe, wie wir in Zukunft im Herzen von Berlin leben wollen.